Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung September 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 5 Arbeitsprogramm |
Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein (dort beschlossen am: 10.09.2024) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 10.09.2024, 23:31 |
AP1: Solidarität zur Praxis machen – Arbeitsprogramm 2024/2025
Antragstext
Solidarität zur Praxis machen – Arbeitsprogramm
2024/2025
Kein Bock auf Krise – unter diesem Motto sind wir vor der Europawahl in ganz
Schleswig-Holstein auf die Straßen gegangen und haben mit jungen Menschen
darüber geredet, was sie beschäftigt, wovor sie Angst haben, was ihre Sorgen
sind – kurz: Wie es ihnen geht. Dabei haben wir immer wieder gehört, und genau
das spiegelt sich in Studien zu Einsamkeit und Zukunftsangst wider: Jungen
Menschen geht es schlecht. Und es sind nicht nur die jungen Menschen.
Die verfehlte Sozialpolitik in Kombination mit der Sparpolitik der letzten
Jahrzehnte hat dafür gesorgt, dass sich Lebensverhältnisse und mit ihnen das
gesellschaftliche Klima verändert haben. Die Welt, für die wir kämpfen, ist eine
andere. Es ist eine, in der Menschen als Menschen und nicht zuerst als
Wähler*innen betrachtet werden, eine, in der Menschen statt Profite im Zentrum
unseres Handelns und unserer Politik stehen.
Für uns ist klar: Um etwas gegen die gesellschaftliche Kälte zu tun, reicht es
nicht, in geschlossenen Räumen Fachdebatten zu führen. Gegen soziale Kälte hilft
Gemeinschaft – als linker Jugendverband wollen wir genau die schaffen, wir
wollen Solidarität erlebbar machen, sie muss unsere Praxis werden.
Bildungsarbeit
Formate
Bildungsarbeit ist eine der wichtigsten Aufgaben in unserer politischen Arbeit,
denn eine geteilte Analyse macht uns schlagkräftiger! Damit diese auch die
Breite des Verbandes erreicht, muss Bildungsarbeit in unterschiedlichen Formaten
stattfinden. Vor allem sollen alle Mitglieder Spaß an der Bildungsarbeit haben
und etwas Neues Lernen können. Deshalb wollen wir, wo möglich, verschiedene
Workshop-Formate und verschiedene Workshop-Niveaus anbieten. Grundlagenbildung
ist dabei stets ein wichtiger Grundstein.
Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal in Schleswig-Holstein ein
Bildungswochenende veranstaltet. Dieses Wochenende war insgesamt ein großer
Erfolg und hat dazu beigetragen, dass wir unsere Analyse weiter geschärft haben.
Wir planen im kommenden Jahr ein zweites Bildungswochenende zu veranstalten,
denn mit solchen Angeboten schaffen wir eine Basis für politische
Sprechfähigkeit.
Unsere Landesmitgliederversammlungen (LMVen) sind der Ort, an dem der ganze
Verband zusammen kommt. Dieser Raum muss sinnvoll mit strategischer
Bildungsarbeit genutzt werden.
Außerdem wollen wir im kommenden Jahr Grundlagenworkshops in den Kreisverbänden
anbieten und umsetzen, um noch mehr Mitglieder zu erreichen und zu einer
kritischen Analyse bilden. Auch unsere KV-LV-Treffen (Kreisvorstands-
Landesvorstands-Treffen) verstehen wir als Ausbildungsort.
Ausbildung von Multiplikator*innen
Um die Welt zu verändern, müssen wir sie zunächst verstehen. Das Ziel unserer
Bildungsarbeit ist es, Menschen zu befähigen und zu ermächtigen. Dafür bilden
wir uns kontinuierlich weiter, lernen gemeinsam und voneinander. Unsere
Mitglieder, insbesondere Kreisvorstandsmitglieder, sollen zu Multiplikator*innen
werden, die wiederum andere bewegen und organisieren, sodass sie politische
Wirksamkeit erfahren. Auf diese Weise tragen wir unsere Stärke weiter.
Schwerpunkte
Die Bildungsarbeit der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein hat verschiedene
Schwerpunkte: Zum einen ist sie emanzipatorisch. Sie befähigt unsere Mitglieder
dazu, Gelerntes in eine politische Praxis übersetzen zu können.
Zum anderen ist es sinnvoll, einen inhaltlichen Fokus zu setzen. Uns bringen die
besten Fach-Workshops wenig, wenn wir das System, die Welt in der wir leben,
nicht verstehen. Daher werden wir uns auch im kommenden Jahr viel mit den Fragen
In welcher Welt wollen wir leben?
In welcher Welt leben wir aktuell und wie funktioniert sie? An welche
Grenzen stößt der Kapitalismus und warum wird er nicht für immer
funktionieren?
Was sind Alternativen zur kapitalistischen Gesellschaft und wie erreichen
wir sie? Was muss dafür passieren?
Was können wir schon jetzt tun, um Ausbeutung von Mensch und Natur zu
bekämpfen?
Wer sind in diesen Kämpfen unsere Verbündeten und wer nicht?
beschäftigen.
Antirassistische Strategie
Als GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein ist es unser Ziel, ein Verband der Vielen zu
sein. Doch das können wir nur sein, wenn wir eine Strategie dafür haben, wie wir
migrantisierte Menschen besser ansprechen, einbinden und fördern können. Wir
wollen unseren Verband als einen Ort der politischen Beteiligung, des Aktivismus
und des gemeinsamen Lernens zugänglicher machen. Für das kommende Jahr wollen
wir aus den diesjährigen Erfahrungen lernen und verschiedene Möglichkeiten einer
wirksamen Umsetzung der AntiRa-Strategie erörtern. Gemeinsam mit anderen
Landesverbänden wollen wir ein Förderwochenende für migrantisierte Menschen
organisieren.
FLINTA*-Förderung & Team für Geschlechterstrategie
Gerade weil das Patriarchiat im kapitalistischen System und unserer Gesellschaft
verankert ist und der Rechtsruck zunimmt, wollen wir erst recht dagegen
ankämpfen. Hierfür arbeitet das Team für Geschlechterstrategie an der Umsetzung
der bundesweiten Geschlechterstrategie. Das Team wird sich inhaltlich mit
materialistischem Queerfeminismus auseinandersetzen und schulen. Als
Landesverband setzen wir einen Fokus darauf, den gesamten Verbandes durch
queerfeministische, materialistische Bildungsarbeit weiterzubilden.
Für FLINTA* Personen in unserem Verband sollen weiterhin Förderungs- und
Vernetzungsmöglichkeiten geschaffen werden, um sie durch Erfahrungsaustausch und
Gemeinschaftsgefühl in ihrer politischen Arbeit zu stärken.
Bildungsteam
Das Bildungsteam soll als Ausbildungsort effektiv genutzt werden. Ziel ist es,
dass Teammitglieder zum einen als Multiplikator*innen ausgebildet werden - denn
wenn das Team wichtige Fähigkeiten vermittelt bekommen hat, das kapitalistische
System zu verstehen und zu hinterfragen, kann gute Bildungsarbeit sichergestellt
werden.
Zum anderen liegt dann die Konzeption, Betreuung und Organisation von
landesweiten Bildungsangeboten in der Verantwortung des Bildungsteams.
Kampagnenarbeit
Evaluation Europakampagne
Unsere vergangene Kampagne zur Europawahl wurde bereits auf verschiedenen Ebenen
diskutiert. Um jedoch auch im kommenden Jahr sinnvolle Arbeit vor Ort leisten zu
können, muss ehrlich evaluiert werden, was funktioniert hat und was nicht, was
wirksam war und was nicht. Diese Debatte darf nicht nur im Landesvorstand
stattfinden, die Kreisverbände müssen hier mitgenommen werden.
Kampagnenfähigkeit in Schleswig-Holstein
In den letzten Monaten haben wir gezeigt: Als Verband sind wir kampagnenfähig.
Wir sind ein eigenständiger Verband mit eigenständiger Praxis. Um genau das
sowohl nach innen als auch nach außen zu verfestigen – und zwar nicht der Sache
wegen, sondern der Inhalte wegen – arbeiten wir weiter daran, wie Kampagnen auch
in den kleinen und ländlichen Kreisverbänden gut funktionieren können.
Kampagne zur Bundestagswahl
2025 steht die Bundestagswahl an – und wir werden erneut zeigen, wofür wir als
GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein stehen, an wessen Seite wir stehen und für
welche Welt wir kämpfen. Das bundesweite Kampagnenteam wird eine Kampagne
erarbeiten – der Landesvorstand ist in der Verantwortung, diese Kampagne auf
Norddeutschland zu übersetzen, mit den Kreisverbänden zu erarbeiten, wie die
Kampagne in Schleswig-Holstein funktionieren kann – und was in Heide, auf Sylt
oder in Stormarn sinnvoll ist. Die Kreisvorstände werden vor Ort unterstützt –
bei der Vorbereitung wie auch bei der Umsetzung.
Öffentlichkeitsarbeit
Pressearbeit
Als GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein besitzen wir die Möglichkeit Themen und
Debatten in der Öffentlichkeit zu prägen und neue Menschengruppen zu erreichen.
Wir wollen unsere Aufmerksamkeit strategisch nutzen. Dabei geht es nicht nur
darum, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen, sondern auch alternative linke Lösungen zu
präsentieren und gesellschaftliche Debatten zu beeinflussen. Wir wollen
Verteilungskämpfe aufzeigen, einen klaren Klassenstandpunkt vertreten,
nachhaltig linke Perspektiven in die Gesellschaft und den öffentlichen Raum
tragen.
Social Media
Wir wollen Junge Menschen in ihrer Lebensrealität abholen – und diese ist zu
einem großen Teil online. Daher verstehen wir Social Media als ein wichtiges
politisches Werkzeug für uns. Wir wollen zeigen, wer wir sind, was wir machen
und wofür wir einstehen. Dabei möchten wir einerseits Kritik an den herrschenden
Verhältnissen vermitteln, die zielgruppen- und plattformgerecht dargestellt ist.
Gleichzeitig möchten wir junge Menschen politisieren und Interessierte
motivieren, bei uns mitzumachen. Unser Verband ist neben dem politischem, auch
ein sozialer Raum mit viel Spaß - und genau dieses Bild wollen wir auch zu
zeigen. Ergänzend zu unserem bisherigen Content wollen wir durch kreative
Ausgestaltung Format-Reihen und Video-Content etablieren, die unseren
Wiedererkennungswert steigern.
Social-Media-Team
Neben der Social Media Arbeit verstehen wir das Social Media-Team auch als
Ausbildungsort. Denn für den Ausbau von unserem digitalem Auftritt braucht es
ein sprechfähiges Social-Media-Team. Hierfür wollen wir neben der reinen Social
Media Arbeit, das Team auch inhaltlich schulen, ihre Analyse stärken und einen
Ort der Weiterbildung schaffen.
Bündnisarbeit
Bündnisse bündeln gemeinsame Stärke. In den letzten Jahren haben wir intensive
und starke Bündnisse aufgebaut. Die GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein wird als
stabile linke Bündnispartnerin wahrgenommen werden. Nun wollen wir weiter
regelmäßigen und guten Kontakt zu Bündnispartnern pflegen. Dazu wollen wir auch
in unseren Kreisverbänden als stabile Bündnispartnerin wahrgenommen werden, auf
die sich andere Organisationen verlassen können. Die Bündnisse und Konflikte,
die wir führen, sollen stets strategisch ausgewählt werden.
Kampagnen
Wir verstehen Kampagnen ebenfalls als ein wirksames Mittel, die Öffentlichkeit
zu erreichen. Wir legen in unserer politischen Praxis viel Fokus auf den
direkten Kontakt mit Menschen. Hierbei tragen wir unsere Ideen auf die Straße
und kommen mit Jungen Menschen in den Austausch. Unser Fokus liegt dabei unseren
gemeinsamen Lebensrealitäten.
Kreisverbände
KV-Betreuung
Kreisverbände sind das Herzstück der GRÜNEN JUGEND. Als Verband wollen wir die
Unterstützung und Förderung unserer Kreisverbände intensivieren, besonders in
der Durchführung von Aktionen und darüber hinaus. Kreisverbände, insbesondere
ländliche Räume, haben individuelle Bedürfnisse und Herausforderungen. In
unserer Kreisverbands-Betreuung wollen wir diese erkennen, gezielt darauf
eingehen und Lösungen finden. Das neu erarbeitete KV-Betreuungskonzept des
aktuellen Landesvorstands soll umgesetzt werden.
KV-LV-Treffen
Unsere Kreisvorstände-Landesvorstands-Treffen (KV-LV-Treffen) sind wichtige Orte
der gemeinsamen Zusammenarbeit und Weiterbildung. Im kommenden Jahr wollen wir
diese Treffen weiterentwickeln, um den gemeinsamen strategischen Austausch und
unsere Verbandsentwicklung noch enger zusammen zu gestalten. Um eine gute
Zusammenarbeit und Schulung zwischen Kreisvorständen und Landesvorstand zu
gewährleisten, wird möglichst zu Beginn des Amtsjahres ein zweitägiges
Kreisvorstände-Landesvorstands-Treffen (KV-LV-Treffen) angesetzt.
Verbandskultur & Neumitgliedereinbindung
Vor allem in 1:1-Gesprächen laden wir Menschen ein, mit uns zu lernen und
politische Kämpfe zu führen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir die
Einbindung von Neuen und Interessierten nicht dem Zufall überlassen. Wir sind
ein offener Verband und wollen eine Verbandskultur schaffen, in der sich alle
wohl und willkommen fühlen. Kreisverbände sind für Neue und Interessierte meist
der erste Ort des Ankommens. Als Landesvorstand wollen wir die Kreisvorstände
bei einer guten und inklusiven Neumitgliedereinbindung unterstützen und
beistehen.
Gleichzeitig setzen wir uns in unserem Verband und darüber hinaus konsequent
gegen Rassismus und gegen jeden Antisemitismus ein.
Solidarische Praxis
Solidarische Praxis als Strategie
In den vergangenen Jahren haben wir uns als Verband intensiv damit beschäftigt,
an welchen Orten wir wirksam sein können und vor allem auch, an welchen nicht.
Für uns sind dabei zwei Faktoren grundlegend:
1. Der Mensch im Zentrum:
Wenn wir Menschen in das Zentrum unserer Politik stellen wollen, müssen wir
wieder mit ihnen sprechen. Ihnen zuhören, ihre Probleme ernst nehmen. Sie
Solidarität erleben lassen, mit dem Ziel, dass sie den Glauben an die
Vorstellung von einer besseren Welt und an linke Ideen zurückgewinnen. Dass sie
daran glauben, dass Menschen gut sind. Für uns sind Menschen nicht zuerst
Wähler*innen. Sie sind Menschen, deren Leben wir mit unserer Politik verbessern
wollen. Sie sind Menschen, denen wir zeigen wollen, dass es sich lohnt, Seite an
Seite für eine gerechtere Politik zu kämpfen.
2. Langfristigkeit: Wenn wir wollen, dass die Welt in der wir leben eine andere
wird, reicht es nicht, nur bis zum nächsten Tag oder bis zur nächsten Wahl zu
denken. Was wir machen, hat nicht vorrangig das Ziel, bis zu einem bestimmten
Datum Wahlprognosen und -ergebnisse hochzuschrauben. Wir wollen langfristig
Menschen gewinnen. Deshalb bedeutet Langfristigkeit für unsere Praxis, nicht nur
Anträge an Wahlprogramme zu stellen, Kompromisse von Regierungsparteien zu
rechtfertigen oder Parlamentarier*innen als unsere wichtigsten Verbündeten zu
betrachten.
Die Kombination von Menschen im Fokus und Langfristigkeit heißt für uns:
Solidarische Praxis.
Aus neuen Formaten lernen
Solidarische Praxis heißt: Lernen. Egal ob Nachbarschaftshilfe,
Hausaufgabenbetreuung, Wohngeldberatung, Suppenküche oder Straßenfest: Wir
wissen: Menschen helfen und Menschen zeigen, dass helfen schön ist und ohne
Gegenleistung funktioniert, ist Kern unserer Idee von Zusammenleben. Aber wir
wissen auch: Wir haben das noch nie gemacht. Wir werden lernen müssen, gucken
müssen, was geht und was nicht. Der Landesvorstand ist dafür verantwortlich,
Räume zu schaffen, an denen die Kreisvorstände von- und miteinander lernen
können.
Utopien Wirklichkeit werden lassen
Je mehr wir ausprobieren und je mehr wir lernen, desto klarer wird werden:
Unsere Utopie kann Wirklichkeit werden. Egal ob nachts tanzen und Kuchen essen
mit Busfahrer*innen auf dem Betriebshof in Kiel, ob Punsch trinken mit
Rentner*innen in Hannover oder ob mit Wasserpistolen spielen und Bratwurst essen
auf dem Straßenfest in Brandenburg: Als GRÜNE JUGEND haben wir in den letzten
Monaten bereits an verschiedensten Stellen gezeigt, wie schön die Welt sein
kann, wenn es mehr Miteinander gibt. Und wie einfach es sein kann, Menschen so
zu zeigen: Für diese Welt, für diese Utopie lohnt es sich, zu kämpfen – und sie
kann Wirklichkeit werden.