Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung September 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 10 Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein (dort beschlossen am: 03.09.2024) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 03.09.2024, 23:27 |
A2: Islamismus bekämpft man nicht mit Abschiebungen – solidarische Politik statt Hass & Hetze
Antragstext
Der schreckliche Anschlag in Solingen macht uns noch immer betroffen. Unser
Mitgefühl gilt den Betroffenen, den Angehörigen und den Freund*innen, die an
diesem Freitag im August Unvorstellbares erleben mussten. Die Trauer über die
schreckliche Tat macht sprachlos – und wir müssen trotzdem Worte finden.
Der Islamismus ist eine menschenverachtende Ideologie. Islamisten bedrohen jeden
Wert, für den wir eintreten, unsere freie Gesellschaft und unser Miteinander.
Die Kritik daran den Konservativen und Rechten zu überlassen, wäre ein großer
Fehler, denn der Kampf gegen den Islamismus ist untrennbarer Teil des
Antifaschismus. Und gerade deswegen brauchen wir jetzt einen ehrlichen Diskurs
darüber, was die Wurzeln islamistischer Gewalt sind.
Erfahrungen von Ungerechtigkeiten, Diskriminierung und Ausgrenzung sind wichtige
Faktoren in Radikalisierungsprozessen. Biografische Krisenerfahrungen machen
junge Menschen anfälliger für extremistische Ideologien und Perspektivlosigkeit,
Armut und Gewalterfahrungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen
gewalttätig werden. Nicht-Eingebundenheit in ein Gemeinschaftsgefüge, fehlende
Begegnungsangebote und Erfahrungen von antimuslimischem Rassismus führen dazu,
dass sich Menschen auf der Suche nach Zugehörigkeit von der Gesellschaft
entfremden und anfälliger für Radikalisierung und islamistische Ideologien sind.
Wem es also ums Ganze geht, darum, zu verhindern, dass sich Menschen zu Feinden
der offenen Gesellschaft entwickeln, der darf zu den Ursachen von
Radikalisierung und Gewaltbereitschaft nicht schweigen. Wer jetzt vor allem
Vorschläge zur Einschränkung des Asylrechts zu macht, dem scheint es wenig um
die Bekämpfung des Islamismus als um das Schüren von Vorurteilen und
gesellschaftlicher Spaltung zu gehen.
Islamismus bekämpft man nicht mit Abschiebungen. Weder der Ruf nach mehr
Abschiebungen noch potenziell verfassungswidrige Pläne, Menschen die
Sozialleistungen zu kürzen, werden hier helfen – im Gegenteil. Und wenn
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (als ein Beispiel von vielen) jetzt von
der Politik fordert, „schnell Regeln zur Begrenzung der Migration umzusetzen“
und meint, dass im Einsatz gegen die sogenannte „irreguläre Migration“ „wirklich
jede Anstrengung unternommen werden müsse“, dann ist das 1. ein sehr
fragwürdiger Umgang mit dem Grundrecht auf Asyl und 2. im Bezug auf Maßnahmen
gegen Islamismus wirkungslos. Was es zusätzlich zur besseren Strafverfolgung
islamistischer Täter jetzt braucht, ist Präventionsarbeit – in Schulen, im Netz
und in der Gesellschaft und vor allem: Gerechtere Verteilung und echte soziale
Politik.
Statt also Hass gegen die Menschen zu befeuern, die vor islamistischem Terror
aus Syrien und Afghanistan zu uns geflohen sind, muss jetzt in soziale
Absicherung, Integrationskurse, ein gerechtes Bildungssystem und eine soziale
Infrastruktur, die Begegnungsräume für alle schafft, investiert werden. Dem
Zündstoff für Extremismus und Gewalt, der in einer wachsenden Kluft zwischen Arm
und Reich, Verteilungsungerechtigkeit und mangelnder Chancengleichheit liegt,
muss mit wirksamer sozialer Politik begegnet werden. Für uns ist klar, dass
Umverteilung von oben nach unten notwendig ist, um prekäre Lebensumstände und
die Gefühle von Verzweiflung und Ohnmacht zu bekämpfen und dem Extremismus so
den Nährboden zu entziehen.
Die Trauer, Wut und Angst angesichts von islamistischer Gewalt dürfen nicht
instrumentalisiert werden, um gegen Schutzsuchende zu hetzen. Uns macht es
fassungslos, dass nun quer durch das Parteienspektrum genau das passiert. Auf
allen politischen Ebenen muss es ein Anliegen derjenigen sein, die den
Islamismus ehrlich bekämpfen wollen, jetzt nicht auf die Narrative der Rechten
aufzuspringen, sondern ein wirksames und solidarisches Gegenangebot zu machen.
Begründung
Quellen u.a.: